Die Geschichte zu Kiddicraft

Wie der Stein das Klemmen lernte!

Alle Welt denkt bei dem klassichen 2 x 4 Baustein an LEGO® dabei war es Hilary Page der dem ikonischen Baustein seine Maße gab, der Erfinder von Kiddicraft!

Der Noppenstein der die Welt baubar machte.

15,8mm x 31.8mm x 9.57mm - das sind die Maße eines 2x4 Klemmbausteins. Aber warum? Das kommt nicht von ungefähr! Der Stein, wenn man die Noppen mal außer Acht lässt ist eine maßstabsgetreue Miniatur des standartisierten britischen Ziegelsteins. Zwei mal die Breite ergibt ein mal die Tiefe. Sehr praktisch! Aber warum Britisch und nicht Dänisch?

Das ist eine längere Geschichte, aber lest selbst...


Hilary (Harry) Fisher Page wurde am 20 August 1904 in Sanderstead, Surrey geboren. Schon als Kind zeigte er starkes Interesse daran eigenes Spielzeug zu bauen und eigene Spiele zu erfinden. Sein Vater ,Samuel Fisher, der in einer Holzhandlung arbeitete kaufte ihm 2 Tonnen Abfallholz aus der örtlichen Sägemühle und dieser Haufen Holzstücke beschäftigte den jungen Harry über viele Jahre seiner Kindheit und Jugend. Er bastelte und baute verschiedenste Dinge damit und vieles waren Spielzeuge. Nach seiner Ausbildung, er arbeitete wie sein Vater auch im Holzhandel, heiratete er 1929 seine Jugendliebe Norah Harris und 1932 wurde seine einzige Tochter Jill geboren. 

In eben diesem Jahr entschied sich Page ins Spielzeuggeschäft einzusteigen. Er investierte seine gesamten Ersparnisse und eröffnete einen kleinen Spielwarenladen für Holzspielzeug und nannte ihn: KIDDICRAFT


Der Laden lief nicht gut und Hilary erlitt seinen ersten Bankrott. Aber er gab nicht auf!


In den nächsten Jahren verbrachte er jeden Mittwoch in Kindergärten und Krabbelgruppen um heraus zu finden mit was Kinder am liebsten spielen wollten.


Er stellte fest das die Mütter immer mehr Ansprüche an Hygiene stellten. Ein Anspruch die die langsam aufkommenden Kunststoffprodukte besser erfüllten als es die alten Holzspielzeuge taten. Also begann er sich mit Kunststoffspritzguss zu beschäftigen. Seine damaligen  Geschäftspartner fanden das zu riskant und so gründete er eine neue Firma für sein Plastikspielzeug: Die British Plastic Toys Ltd. (Bri-Plax) Unter diesem Namen bracht er 1937 die Bri-Plax Interlocking Building Cubes heraus.

 

1940 patentierte Page diese Bausteine, die sich auch wie die anderen Kunststoffspielwaren der Bri-Plax schnell recht hoher Beliebtheit erfreuten. Aber der Stress der letzten Jahre hatte seine Ehe zerüttet und kurz bevor der 2. Weltkrieg ausbrach ließ sich Page von seiner Frau Norah scheiden.


Während des Krieges ruhte die Produktion von Spielzeug da das Kunststoff für den Krieg benötigt wurde. Hilary tourte während der Zeit als "Kriegsbotschafter" durch die USA und lernte dort seine zweite Frau, Oreline, kennen. Sie heirateten am 23 Juli 1941 in Baltimore.


Nach Kriegsende nahm er dann seine Plastikspielzeugproduktion in Großbritannien wieder auf und verkaufte diese nun unter dem Namen Kiddicraft. Nach dem Krieg setzte sich die Verwendung von Kunststoff bei Spielwaren sehr schnell durch und da Page schon viele Jahre Erfahrung mit diesem Werkstoff hatte wurden seine "Kiddicraft Sensible Toys" sehr beliebt in England. Er gewann 1951 sogar den "British Toy of the year award" mit einem seiner Spielzeuge.



Unter den vielen Nachkriegsspielzeugen war unter anderem ein neuartiger Noppen-Baustein. Der "Self-Locking-Building-Brick" war eine Weiterentwickelung des Interlocking Building Cubes. Um das bauen komplexerer Gebilde zu ermöglichen brauchte es aber mehrerer verschiedener Steine. 


Somit war es nötig eine Systemvorgabe zu entwickeln. Dem 2x4 Stein wurden die oben genannten Maße gegeben, die dem in UK sehr verbeitetem britischen Standart-Ziegelstein im Maßstab 1:7 entsprachen. 

Die spätere Übernahme von Imperialen zum Metrischen System durch LEGO® erzeugte dann diese recht willkürlich erscheinenden Zentimeterangaben.


Aber soweit sind wir noch nicht. 1944 reichte Page seinen ersten Patentantrag für die Interlocking Building Bricks ein. 1945 folgte dann ein überarbeiteter bei dem 5 verschiedene Bausteine und ein Schlitz an den kürzen Seiten der Steine Eingang in das System fanden. Dieses Patent wurde dann 1949 gewährt. Allerdings ließ sich Hilary dieses Patent nur für Großbritannien eintragen. Mit weitreichenden Folgen!!! 

Ab 1947 startete dann die Vermarktung  der Kiddicraft Self-Locking Building Blocks mit der Vorstellung auf der Earls Court Toy Fair. Dort baute er mit seiner Familie zusammen große Display Modelle um die Aufmerksamkeit der Besucher zu auf das Produkt zu lenken.


Aber unterm Strich waren die Bricks nur eins unter vielen Kunststoff-Spielzeugen der Marke Kiddicraft. In den folgenden Jahren wurden verschiedene Sets der Noppensteine herausgebracht. Es gab die Steine in 2 verschiedenen Größen einmal die größe wie wir sie heute von LEGO® und anderen Anbietern kennen und eine größere Variante die für kleinere Kinder. Kommt einem bekannt vor? Ja, das ist kein Zufall. Die größere Variante war das was wir heute bei den Dänen als DUPLO® kennen und lieben. Zufälle gibts. 


Leider erkannte Page nie so ganz das Potential das in den Self-Locking-Building Bricks schlummerte. Anders als ein gewisser Herr Christiansen und sein Sohn. Dazu aber gleich mehr.


Hilary Page sah die Zukunft seiner Firma mehr in den Kiddicraft Miniatures. Kleinen Kunststoffreproduktionen von Nahrungsmitteln und Haushaltsgegenständen. Zum Teil mit offizielen Lizenzen der Hersteller der echten Waren. Aber er konnte die den Lizenzgebern gegenüber gegebenen Verpflichtungen nicht  erfüllen und das Unternehmen kam einmal mehr in finanziele Schieflage. Dieser Stress setzte Hilarys eh schon angeknackster geistiger Gesundheit weiter zu und die Angst vor dem totalen Niedergang seiner Firma trieb den genialen Spielzeugerfinder am 24 Juni 1957 in den Selbstmord. Er sollte nie erleben wie ein Anderer seine Idee der Klemmbausteine perfektionierte und zum besten und erfolgreichsten Spielzeug der Welt machte. Die Firma überlebe seinen Tod und wurde bis 1977 unter der Leitung seiner Witwe Oreline weitergeführt. Dann im Jahr 1977 verkaufte sie die Firma an Hestair und 1989 ging der Markenname an die Firma Fisher-Price.


Wie LEGO® von der Holzente zum Klemmbaustein kam...

1947 kaufte die dänische Holzspielzeugfirma LEGO® ihre erste Spritzgussmaschine. Der Vertreter des britischen Maschinenherstellers übergab dem Inhaber Ole Kirk Christiansen als Beispiel für das was man alles mit so einer Maschine machen könnte einen der Inter-Locking Building Bricks von Kiddicraft. Anders als der eigentliche Erfinder der Steine , Hilary Page, erkannte Christiansen das schlummernde Potzenzial der kleinen Kunststoffsteine und da diese nur für Großbritannien geschützt waren startete LEGO® 1949 mit der Produktion ihrer minimal modifizierten Automatic Binding Bricks.

Es ist nie abschliessend geklärt ob Hilary Page jemals mitbekommen hat das LEGO® seine Idee auf dem europäischen Festland nutzte. 


Sicher ist hingegen das Christiansen den Baustein von Kiddicraft leicht modifizierte in dem er die Ecken kantiger und spitzer machte (der Schrecken der Nacht war geboren) und die bei Kiddicraft oben abgerundeten Noppen flach gestalltete. Wie auf dem Foto zu sehen waren die "kleinen" Kiddicraft und die LEGO® Steine miteinander verbaubar.


 Die seitlichen Schlitze an den Seiten wurden Anfang übernommen, später nur noch auf einer Seite angebracht und dann kurz darauf ganz weg gelassen.


Schnell wurde im Hause Christiansen bemerkt das die Klemmkaft der Steine einiges zu wünschen liessen, waren sowohl die Kiddicraft als auch die frühen LEGO@ Steine unten hohl. Die findigen Dänen entwickelten mit den "Tubes" im Inneren des Steins eine geniale Lösung für dieses Problem und schenken dem Baustein damit die Klemmkraft die wir heute kennen und lieben. Am 28. Januar 1958 wurde diese Lösung patentiert und ab da startete der unaufhaltsame Siegeszug des Klemmbausteins. 


1978 lief dieses Patent aus und wurde somit eigentlich jedem zugänglich... eigentlich. LEGO® schaffte es noch bis in die beginnenden 2000er Jahre durch Gerichtsurteile, den Marsch durch die Instanzen und geschicktes Rechtemanagment (z-B. durch das Schützen von Bauteilen als 3D Marke)den Markt von Mitbewerbern frei zu halten.


1981 kaufte LEGO® für einen 5-stelligen Pfundbetrag die verbliebenden Rechte an den Patenten der Firma Kiddicraft. 


2004 endlich machte der Bundesgerichtshof in Deutschland endlich den Weg frei damit auch alternative Anbieter kompatible Klemmbausteine im 8mm Raster anbieten können.


Und damit schließt sich der Kreis. Durch die Freigabe des 8mm Raster-Systems können nun endlich wieder Klemmbaustein-Sets der Marke Kiddicraft Einzug in die Kinderzimmer halten. 


Die 1:7 Kunststoffminiatur eins britischen Standart-Ziegelsteins mit 2x4 Noppen im 8mm Raster - von Hilary Page erdacht und von Generationen der Familie Christiansen weiter perfektioniert!


Gerade in einer immer digitaler werdenen Welt steht nach nun über 75 Jahre an einer neuen Schwelle zu eine noch größere Welt des Bauspaßes und er Kreativität. Für Kinder und im Herzen Kindgebliebende aller Altersklassen. 


Wir bei Kiddicraft freuen uns darauf!

Braucht kein Mensch, aber gut zu wissen:

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